In der Öffentlichkeit herrscht Einigkeit darüber, dass musikalische Bildung einen unverzichtbaren Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler leistet. Allerdings gelingt dies nur, wenn damit auch eine tatsächliche Hinführung zur aktiven Musizierpraxis verbunden ist.
Vor diesem Hintergrund verweisen Experten auf folgenden grundlegenden Sachverhalt: Während im schulischen Musikunterricht eine allgemeine Einführung in die Musikkultur stattfindet, sind dort die Möglichkeiten der hierzu erforderlichen gemeinsamen Musizierpraxis, die wiederum einen entsprechenden Instrumentalunterricht voraussetzt, bisher in der Regel strukturell bedingt nicht gegeben. Mit anderen Worten: Die notwendige Musizierpraxis im schulischen Musikunterricht ist nur möglich, wenn die Schülerinnen und Schüler entsprechende Fähigkeiten und Fertigkeiten außerhalb der Schule wie beispielsweise in den öffentlichen Musikschulen erworben haben.
Die Frage, wie denn gemeinsame Musizierpraxis von der ersten Unterrichtsstunde gelingen kann, stand nun im Mittelpunkt der alljährlichen Herbsttagung des VdM-Hessen im Kur- und Sporthotel Freund in Oberorke, nahe dem Edersee. Diese begann mit einem Impulsreferat von Christian Rittelmeyer, Professor i. R. für Erziehungswissenschaft am Pädagogischen Seminar der Universität Göttingen.
Für die Erarbeitung eines umfassenden und zugleich anschaulichen Bildungsverständnisses zeigte er unter Zuhilfenahme der Geschichte des Bildungsbegriffs, von Bildungsromanen und biographischen Berichten wie auch der exemplarischen Analyse symptomatischer Definitionen den Unterschied zwischen Bildungslandschaften und Lernlandschaften auf. Erstere stehen für ihn als Synonym zur Beschreibung von Bildung, während sich der zweite Terminus letztlich auf die tatsächlichen Lerngegebenheiten in der Gesellschaft bezieht.
Ein weiterer Vortrag bezog sich unter dem Tagungsmotto „Lernst Du noch oder spielst Du schon?“ auf das Thema des Spiels im Unterricht als Qualitätsmerkmal. Bianka Wüstehube, Direktorin des Instituts für Musikpädagogik der Anton-Bruckner-Privatuniversität Linz hob dabei die offensichtliche Konvergenz von lustvoller Betätigung und daraus resultierender intrinsischer Leistungsbereitschaft im Musizierprozess hervor.
Somit ist eine anspruchsvolle künstlerische Arbeit bereits von Anfang an wie beispielsweise in der elementaren Musikpädagogik möglich. Die beiden folgenden Veranstaltungstage waren u. a. mit weiteren Vorträgen und Workshops ausgefüllt. So stellte Ruth Schneidewind, Leiterin des Fachbereichs Elementare Musikpädagogik am Institut für Musikpädagogik der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (MDW) im Wechsel von theoretischen Inputs und aktivem Einbezug des Auditoriums die Wirklichkeiten des Elementaren Musizierens vor. Dabei ergänzte sie mit dem Aspekt der damit verbundenen künstlerischen Prozesse auf praktische Weise die Ausführungen von Wüstehube vom Vortag.
Schließlich gab Daniela Mayrlechner, Lehrbeauftragte an den Instituten für Musikpädagogik sowie Volksmusikforschung und Ethnomusikologie der MDW wissenschaftlich fundierte wie auch praxiserprobte Hinweise für ein gelingendes Team-Teaching von Grund- und Musikschullehrkräften.
Darüber hinaus informierten sich die anwesenden Musikschulleiterinnen und -leiter im Rahmen einer weiteren Plenumsveranstaltung gegenseitig über „Best-Practice-Beispiele" zu musikalischen Arbeit mit Erwachsenen und Senioren.
Mit der Herbsttagung 2014 profilierte sich der VdM-Hessen erneut als zukunftsgewandter Trägerverband, der mit seinen fachlichen Anstößen fundierte Beiträge auf dem Weg zu einer musikalischen Bildung für alle gibt.